Im Geist fließen Gedanken und Ideen viel schneller und freier als im Körper. Es gibt weder träge Masse, die beschleunigt werden muss, noch Gravitation die einen unter hält. Im krassen Gegensatz dazu stehen ‘reale’ Konstrukte wie etwa ein Staat, oder eine Bürokratie generell.
Durch die Digitalisierung und das Internet kam diese vermeintliche Losgelöstheit in der breiten Masse an. Das Leben verlagert sich mehr und mehr in den Cyberspace, der der geistigen Welt ähnlich ist, eine Manifestation derer, eine Zwischenwelt zwischen Fleischwelt und geistlicher Welt. Faszinierend und neu dabei ist, dass die Menschen in der digitalen Welt potentiell instantan über das Internet vernetzt sind, was es zuvor weder in der Fleischwelt noch in der geistigen Welt gab und gibt1. In der alten Welt fließt man mit dem Körper. Beim Sport, Tanzen, oder beim Sex gibt es dass noch, bei der Arbeit oder im Alltag kaum mehr, außer man zählt das rhythmische Gleiten der Finger über das Keyboard.
Der Geist kann blitzschnell die Richtung ändern, oder sich sogar in komplett andere Gefilde teleportieren. In der realen Welt geht das auch immer schneller2, aber nicht zu vergleichen mit der geistigen Welt. Noch hat die Fleischwelt Relevanz, also wäre es dienlich sich geistig nicht zu weit vom Körper zu entfernen.
Soziale Eingebundenheit ist neben dem Körper eine andere Art des Ankers für den Geist. Auch sie hält den Luftikus am Boden und verhindert, dass er allzu frei umherfliegt / teleportiert. In der Gruppe entsteht eine Art soziale träge Masse. Die kann die Form von Mauern einnehmen und eher ein beengtes Gefühl erzeugen, oder auf dem Gefühl von Heimat basieren, was Expansion begünstigt (da man ein festes Basiscamp hat, zu dem man immer wieder zurückkommen kann).
Geistige Heimat
Geistige Heimat basiert auf Idealen und Werten, denen man sich verpflichtet, die man lebt.
Sieht man sich als Europäer, so hat man es mit der geistigen Heimat zur Zeit nicht leicht. Fundamentale Werte wie Gleichheit und Freiheit sind unter Beschuss, ihre Bedeutung wird unterminiert. Man muss sich kritisch damit auseinandersetzen, was man heutzutage unter diesen Werten versteht. Wovon in etwa sind wir frei? Was sind wir frei zu tun, wo sind die Grenzen? Welche Pflichten hat man dadurch, dass man gewisse Freiheiten genießt oder in Anspruch nimmt? Wer ist gleich? Auf welche Art und Weise, unter welchen Umständen? Wer ist Europäer, wer nicht, wem werden diese Rechte und Pflichten zugestanden, wem nicht? Beispiele:
- Genießt man die Freiheiten des liberalen Humanismus hat man meiner Meinung auch die Pflicht diesen zu leben und zu verteidigen.
- Liegt in einer Demokratie die Macht beim Volk, hat jeder Bürger auch die Pflicht Wissen aufzubauen und kritisches Denken zu kultivieren.
- In der sozialen Marktwirtschaft regiert der Markt, also ist man in der Pflicht bewusst einzukaufen und zu konsumieren.
Körperliche Heimat
Auch körperliche Heimat ändert sich. In einigen Städten verlieren mehr und mehr Leute ihre Heimat durch Gentrifizierung. Fremde Investoren wollen mit eben dieser Heimat schnelles Geld machen. Läden in der Stadt können sich durch Konkurrenz von Versandhändlern nicht mehr halten. In der Fleischwelt bleiben leere Gebäude. Die Corona Epidemie beschleunigt diesen Vorgang enorm.
Global passiert das auf viel dramatischere Art und Weise. Durch den Klimawandel verlieren ganze Völker ihre Existenzgrundlage und damit ihre Heimat. Oft von außen destabilisierte Systeme erzeugen Kriege, die auch Heimat zerstören.