Ideen sind nicht kompliziert. Um sie zu verinnerlichen muss man sie auf ihre einfachste Form bringen. Von da können sie wachsen, Äste und Blüten bilden. Es lohnt sich sie ab und an der Wurzel zu besuchen und zu sehen ob sie sich verändert haben. Dazu liefert die Idee von Shoshin Inspirationen.
Ein kleiner Exkurs zu den Wurzeln des Zen-Buddhismus
Jede kulturelle Strömung oder neue Religion ist eine Antwort auf ein bestehendes System. Beim Zen-Buddhismus ist die Besinnung auf die direkte Erfahrung der Realität der Leitgedanke. Um das einordnen zu können muss man verstehen, dass der Zen-Buddhismus als eine kritische Reaktion auf die scholastischen Tendenzen des Buddhismus seiner Zeit entstand. Anders ausgedrückt entfernte man sich der Ansicht Zen-Praktizierender nach zu weit vom Jetzt, konzeptionierte und fragmentierte den Raum zu stark. Punkte die dem Buddhismus eigentlich zentral sind gingen in Verzierungen verloren.
Shoshin
Konkret versetzt man sich in den Zustand eines Anfängers. Das erzeugt Leichtigkeit, Mut, Freude. Dazu versucht man sich zu erinnern wie es das erste mal war. Nicht die Qualität der Ausführung, sondern die Begeisterung ist im Vordergrund.
Vertieft man sich in einer Disziplin, folgt einer Spur, gräbt sich in ein Gebiet ein, kann man den Leitgedanken verlieren. In unserer Kultur gibt es nicht wirklich eine Wertschätzung für diesen Geist des ersten Mals. Die Fähigkeit sich zu begeistern ist Kindern vorbehalten und wird in großen Teilen auch nur ihnen zugestanden.
Das Problem dabei ist dass die Lebensqualität (und ich vielen Bereichen auch die Qualität der Arbeit) leidet wenn man die ursprüngliche Motivation aus dem Auge verliert. Man ist uninspiriert, empfindet das Dasein als eine Pflicht.
Die Begeisterung kommt nicht aus dem Kopf. Sie hat ihren Ursprung zwischen Herz und Bauch. Spruddelt von dort aus. Man kann sie auch nicht erdenken. Es hilft jedoch wenn man sich auf grundlegende, definierende, Ideen besinnt. Die können dann den Weg aus den Kopf nach unten finden und Blockaden aufheben.
Beispiel 1:
Wir sind eine Horde nakter Affen, die ohne Aufsicht auf einem organischen Raumschiff um die Sonne fliegt. Zufällig haben wir gelernt die Molekülstruktur von Materie zu verändern. Ermöglicht wird unsere unbeschwerte Existenz durch einen elektromagnetischen Schutzschild, der durch Strömungen flüssigen Metals im Kern unserer Erde erzeugt wird. Er schützt uns vor der tödlichen Strahlung der Sonne. Wir stehen konstant im Stoffwechselaustausch mit einer unsichtbaren Schicht um unseren Planeten, der Atmosphäre. Sie schützt uns auch vor kleineren Meteoriten, die sonst ungebremst hier einschlagen würden. Unsere Sonne selber kreist um ein schwarzes Loch im Zentrum unserer Galaxy, das alles was ihm zu Nahe kommt, sogar Licht, in sich bindet.
Es gab auch mal Dinosaurier, tonnenschwere Echsenwesen, die genau hier unterwegs waren. Jetzt sind sie Erdöl.
Shoshin in der Wissenschaft:
Wir haben keine direkte Erfahrung gewisser Dinge, es sind aus Beobachtungen gewonnene Erkenntnisse der Wissenschaft. Beobachtungen mit Instrumenten, die Bereiche des elektromagnetischen Spektrums abbilden können, die uns mit den Augen nicht zugänglich sind.
Das ist Shoshin in der (Natur) Wissenschaft. Das Bewusstsein, dass man eigentlich keine Ahnung (Intuition) hat und die Sinne nicht ausreichend sind um die Realität zu erkennen. Diese Erkenntniss schafft die nötige Bescheidenheit um echten Fortschritt machen zu können.
Der Unterschied zwischen Spielen und Forschen ist nur, dass man aufschreibt was man macht und beobachtet.
Das reine Bild der Wissenschaft hat Wissen um des Wissens willen als Kernidee. Das ist Antrieb für viele Wissenschaftler.
Die Befürchtung steht im Raum, dass das in der Postmoderne zu einem Simulakrum geworden ist. Eine Kopie ohne Original. Auch wenn man sich gedanklich von den Windungen der Postmoderne verabschiedet hat sollte man den eleganten Mechanismus der unendlichen Selbstreferenzierung nicht vergessen.
Einen Pfad beschreiten
Wie geht man am besten vor wenn man einen Pfad längere Zeit beschreiten will? Ein Karriere oder ein Wissensgebiet. Eine Familie oder eine politische Agenda. Erstmal gibt es eine Unzufriedenheit, das Gefühl dass etwas nicht passt. Eine Motivation etwas zu tun. Erforscht man wo dieses mulmige Gefühl herkommt landet man bei überraschenden, erschreckenden oder absurd komischen Stellen. Alle 3 sind ein Hinderniss weiterzugehen.
- Die Überraschenden Erkenntnisse muss man vom Thron der Erkentniss nehmen und ins normale Weltbild einbauen, dann kann man normal weitergehen.
- Um mit den erschreckenden beängstigenden umzugehen muss man Mut kultivieren. Oder akzeptieren, dass diese Pfade tatsächlich gefährlich sind und sie umgehen.
- Wie ist es mit dem Humor? Wenn etwas tatsächlich witzig ist, kann man sich zwingen es ernst zu nehmen?
Was man in der Welt sieht, was einen inspiriert sind nicht die Kernideen selbst, sondern die Früchte die aus ihnen entstehen. Was der Kern ist ist nicht immer klar. Kopiert man das Äußere, gibt es keine Verbindung zum inneren. –> Postmoderne / Simulakrum.
Tätowierungen sind Mainstream geworden, oft zeigen Menschen mit ihnen was sich in ihrem Kern befindet.