Lebt man in Fülle ist man zufrieden und dankbar. Fülle ist relativ, vor allem zur Zeit, man kann für wenig Geld viel kaufen. Es ist schwierig zufrieden zu sein, da ein zentraler Baustein unseres Wirtschaftssystems, die Werbung, einen Mangel suggeriert. Man ist und hat nie genug. Das ist eine Konsequenz der dem Kapitalismus innewohnenden Notwendigkeit des Wachstums. Diese Notwendigkeit ist auf das Zinssystem zurückzuführen. Der größte Akt der Rebellion ist es zufrieden und großmütig zu sein.

Lebt man im Mangel macht man sich klein, machtlos und unbedeutend. Man gönnt anderen nichts, ist stets unzufrieden und will immer mehr. Man sucht die Schuld für diese missliche Lage bei Anderen, Größeren, Mächtigeren. Oder man fällt zurück auf das christliche Ideal des seligen Armen. Man könnte meinen das Mindsets des Mangels fördert Wachstum, da die Gier ein Antrieb ist mehr zu erschaffen. Das stimmt vielleicht auch, allerdings ist es lokales Wachstum, das darauf basiert anderen etwas wegzunehmen. Lebt man im Mangel denkt man das Leben sei ein ‘zero-sum game’. Ein Spiel bei dem man nur mehr bekommen kann wenn man es anderen wegnimmt. Von der Politik untermauert durch unzureichende Metriken die bestimmen sollen wie gut es einem Land geht, etwa dem BIP oder der Arbeitslosenquote.

Auch das Mindset der Fülle sorgt für Wachstum. Dieses ist aber ungezwungen und spontan, der Sonne entgegen. Man macht Deals bei denen man versucht ‘win-win Situationen’ zu erzeugen. Man will niemandem etwas wegnehmen, stattdessen gemeinsam wachsen, möglichst viele mit ins Boot holen. Es ist genug für alle da, man teilt es bereitwillig. Das Herz ist offen. Dankbarkeit verbreitet sich wie ein Lauffeuer. Soweit zumindest die Utopie, in der Realität muss man in einem gierigen, narzisstischen System zurecht kommen. Einem System der Ellenbogen und der Aggression. Einem durch männliche Energie geprägten System. Ein System dem die Angst eingeimpft ist. Freundschaft zwischen den Völkern und globales Wirtschaftswachstum ist eine dünne Decke die über die Strategie der nuklearen Abschreckung geworfen wurde. Die gegenseitig zugesicherte Zerstörung wurde seit der Entwicklung der Atombombe nicht aufgehoben.

Auch bei den besten Vorsätzen ist ein Abdriften in das Mindset des Mangels leicht geschehen. Ist man gesund und strotzt vor Kraft ist es leicht offen zu sein. Offen und großmütig. Aber wehe eine Krankheit kommt und schwächt einen. Ein geschwächter Organismus zieht sich zurück, muss vor allem auf der Hut sein. Das Vertrauen mit Hindernissen klar zukommen schwindet. Man vermutet überall Manipulation und böse Mächte. Das Menschenbild schwenkt von einem wohlwollenden zu einem feindlichen. Der Mensch wird einem zum Wolf. Man zieht sich zurück, wird klein und gemein, das Herz geht zu.

Wird man wieder gesund kommt einem das wie ein schlechter Fiebertraum vor. Man kann sich gar nicht erklären so gedacht zu haben. Aber es war ein wertvoller Schutzmechanismus. Man kann einfach nicht jeder Sau trauen, wenn man sich um sich selber kümmern muss. Wer vertraut kann enttäuscht werden, ein geschlossenes Herz kann nicht gebrochen werden. Es kann höchstens versteinern. Dann bricht es aber auch viel leichter. Ein offenes Herz kann überhaupt nicht brechen, es ist plastisch, weich, biegsam, fließend. Der Stein der einem sprichwörtlich vom Herzen fallen kann ist eine Keimzelle für den Stein in den sich das Herz verwandeln kann. Wenn man alle Steine vom Herzen fallen lässt kann es zu keiner Kristallisation kommen. Das Herz bleibt fließend und offen.